Planspiel soll Politik-Verständnis stärken und welche Strategien konvertieren die Print-Leserschaft ins Digitale?
Mehr als Klicks: Wie der Tagesspiegel lokale Nähe beweist. Außerdem: Wie lassen sich Print-Abos in Digital-Abos konvertieren? Und was ist der Schlüssel für die digitale Transformation von Verlagen?

Planspiel BVV: Wie der Tagespiegel Nähe zu seiner Leserschaft beweist
Die Aufgabe von Journalismus ist, zu berichten, was geschieht, es zu erklären und einzuordnen. Im Kampf um das Überleben von Zeitungen und Verlagen gerät diese Aufgabe manchmal in den Hintergrund, scheint es. Reichweiten werden über Clickbait erzeugt und Werbung dominiert die Webseiten.
Doch das eigentliche Kapital der Zeitungen in Deutschland ist das Vertrauen, wie Verlegerin Julia Becker auf dem European Publishing Congress 2022 betonte: „Diesen Schatz dürfen wir nicht verspielen: Glaubwürdigkeit ist zweifellos die wichtigste Währung der Medienbranche.“
Neben einer guten Digitalstrategie sind hervorragende Inhalte wichtig, damit dieses Vertrauen stabil bleibt und sich etwa durch Abos auszahlt. Doch auch direktes, lokales Engagement trägt zur Profilschärfung und zur Zielgruppen-Nähe bei, wie der Tagesspiegel in Zusammenarbeit mit dem Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB) zeigt. Mit dem BVV-Planspiel sollen Berliner:innen erfahren können, wie Bezirkspolitik in der Spree-Metropole funktioniert.
BVV-Planspiel Teaser
Tagesspiegel
In dem Spiel, das ab Frühling 2023 analog in öffentlichen Bibliotheken gespielt werden kann, schlüpfen Spielende in die Haut von Bezirksverordneten und werden mit den Herausforderungen der Lokalpolitik konfrontiert.
Soll eine große Straße Fahrradstreifen bekommen? Soll ein privater Investor auf einer Freifläche eine Reptilienhaus bauen dürfen oder gibt es eine sinnvollere Nutzung? Soll ein Park aus Sicherheitsgründen beleuchtet werden oder verzichtet man aus Umweltschutzgründen darauf?
Der Tagesspiegel erreicht bis zu 400.000 Leser:innen mit seinen 12 täglichen Bezirks-Newslettern. "Einerseits werden [die Newsletter] sehr gut gelesen und es gibt viele aktive Leser, die sich in der Lokalpolitik auskennen", sagt Corinna von Bodisco vom Tagesspiegel. "Aber die Idee war, andere Menschen zu erreichen und auch etwas zu schaffen, wo sie vielleicht ihre eigenen Ideen entwickeln können, wie sie sich an der Politik beteiligen können."
Einen guten Bericht zum BVV-Planspiel gibt es beim Nieman Journalism Lab: This German news outlet is teaching people about local politics with an in-person game
Hier geht es direkt zum Planspiel: Berliner Bezirkspolitik ausprobieren und erleben
Welche Strategien helfen, Print-Abonnent:innen ins Digitale zu konvertieren?
Die Kosten für die Produktion und den Vertrieb von Druckerzeugnissen steigen – die Gewinne von Printmedien sinken. Um Kosten zu minimieren und den Übergang der Leser:innen zu digitalen Medien zu unterstützen, müssen Verlage ihre Print-Leserschaft an digitale Medien gewöhnen. Beispielsweise bieten die meisten größeren Tageszeitungen ein Print & Digital-Paket an. Einige Verlage haben sogar damit experimentiert, Abonnent:innen ein Tablet zur Verfügung zu stellen. Andere Zeitungen stellen den Print-Service gleich ganz ein.
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Peter Houston von SpinyTrends schreibt in einem Blogbeitrag, dass es besonders wichtig sei, digitale Gewohnheiten bei der Leserschaft zu etablieren. Das ginge besonders gut mit bestimmten digitalen Formaten. Zwei Beispiele:
Der dänische Verlag Berlingske bietet die Option, die Artikel des Tages von einer Text-to-Speech-KI vorzulesen. Der Verlag machte die Funktion zu einem reinen Abo-Produkt.
Das Redaktionsteam von Ouest-France stellte fest, dass die Zahl der Website-Nutzenden jeden Abend um 18 Uhr sprunghaft anstieg und entwickelte deshalb die "L'Édition du Soir": Die digitale Abendausgabe bietet kürzere Geschichten, Quizze und Rätsel, um ein entspanntes Nachrichtenerlebnis am Abend zu ermöglichen. Ein Abonnementpaket, das die Morgenzeitung und den Zugang zur digitalen Abendausgabe umfasst, führt zu einer hohen Kundenbindung bei den Abonnent:innen von Ouest-France.
Anpassungsfähigkeit ist der Schlüssel für die digitale Transformation von Verlagen
Große Verlage nutzen oft viele unterschiedliche Softwarelösungen. Aber auch hier hat man erkannt, dass Anpassungsfähigkeit der Schlüssel ist: „Es braucht modulare Systeme, die sich sehr gut kombinieren lassen“, stellt Marcus Dauck, Head of Mediatech & Services bei Ringier fest. „In Ermangelung einer passenden integrierten Systemlandschaft, die man sich selbst zusammenstellen kann, haben wir das eben selbst gemacht.“
In einer Medien-Datenbank, die als Content-Drehscheibe fungiert, werden bei Ringier Inhalte digital erstellt und dann möglichst weit vorbereitet in den entsprechenden Kanal, etwa Print oder das jeweilige CMS, geschickt. Aber auch hier ist noch Luft nach oben: Ringier will die Prozesse künftig weiter „streamlinen“ – bei aller Flexibilität sei man nicht immer so konsequent und stringent, wie es möglich wäre, zeigt sich Dauck selbstkritisch.
Auch ein anderer großer deutscher Verlag wartete nicht auf einen Anbieter, der die wesentlichen Komponenten einer Verlagssoftware in wettbewerbsfähiger Qualität liefert. Das über 100 Entwickler starke Plattform-Team schneidet die eigene Lösung direkt auf die Bedürfnisse der Zentralredaktion zu, berichtet der Geschäftsführer.
Lesen Sie mehr über den Stand der technischen Infrastruktur in Verlagen im Digital News Publishing Barometer 2022.
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