First Party Daten, Print ist nicht tot aber Digital First oft nur ein Buzzword

Worauf müssen Publisher bei First Party Daten achten? Außerdem: Der Baden-Württembergische Handwerkstag setzt auf Print und mit "Digital First" ist es in Verlagen oft nicht weit her.

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So holen Publisher das Maximum aus First Party Data heraus

Gerade für Werbetreibende ist First Party Data besonders wertvoll, während Google, Facebook und Co. mit ihren Nutzerdaten immer weniger freigiebig umgehen. Um allerdings das Maximum aus diesen Daten herauszuholen, braucht es drei Schritte, sagt Experte Chris Matty, Co-Founder und Chief Revenue Officer beim Technologieunternehmen Versium:

1.     Zentralisieren: Ganzheitlicher Überblick über Kundendaten und Einhaltung von Richtlinien über alle Medien hinweg

2.     Standardisieren: Formatierung vereinheitlichen und globales Datenmodell erstellen

3.     Bereinigen: Eingabe- und Digitalisierungsfehler bei der Datenerfassung beheben, falsche Informationen und Duplikate entfernen

Im ersten Schritt werden Daten aus verschiedenen Kontaktpunkten mit Besucher:innen zusammengeführt und Informationen wie E-Mail-Adressen, Telefonnummern oder reale Adressen miteinander verknüpft. Zentralisierung ermöglicht eine umfassende Kontrolle, ob etwa Datenschutzvorschriften eingehalten werden. Zusätzlich können die Daten mit weiteren Kontaktpunkten aktualisiert werden, etwa Einkommensdaten aus Statistiken.

Die Daten müssen außerdem standardisiert werden. Dabei geht es unter anderem um die Formatierung: Zum Beispiel könnten Städtenamen unterschiedlich geschrieben oder unterschiedliche Inhalte in derselben Spalte einer Tabelle eingetragen sein. Dank umfangreicher Bibliotheken, Regeln und Skripte können die verschiedenen Parameter automatisch auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden.

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Da First Party Daten an irgendeiner Stelle von Menschen eingegeben wurden, können sie Fehler enthalten. Wenn sie nicht systematisch bereinigt werden, verbreiten sich diese Fehler im Prozess. Ein gutes Tool ersetzt oder löscht dabei die ursprünglichen Daten bei der Korrektur und Bereinigung nicht, so dass eine Wiederherstellung der Originaldaten immer möglich ist.

Warum das Handwerk in Baden Württemberg auf Print setzt

Print ist tot? Nicht wenn es nach dem Baden-Württembergischen Handwerkstag geht. Kürzlich wurde die Jahresschrift „Handwerk BW“ als gedrucktes Produkt neu aufgesetzt. Im Interview mit der Fachzeitschrift Kress Pro erklärt Hauptgeschäftsführer Peter Haas die Gründe.

Die gedruckte Jahresschrift gegenüber einer digitalen Ausgabe habe einen offensichtlichen Vorteil: Sie lasse sich anfassen. Haas glaubt, die Inhalte seien so wertig aufbereitet, dass Leser:innen sich gerne Zeit dafür nehmen und bewusst auf die Geschichten und Themen aus dem Handwerk einlassen würden. „Vielleicht hebe ich es mir sogar auf und blättere immer wieder darin“, sagt Haas.

Haas sieht Print prädestiniert für Inhalte, die eine besondere Tiefe haben. In dieser Form sei Print nach wie vor unverzichtbar und sogar wertvoller geworden. Außerdem sei die Zielgruppe klarer definiert. Im Vergleich zu digitalen Kanälen gebe es fast keinen Streuverlust. „Damit ist auch die Chance groß, die Botschaft beim beabsichtigten Empfänger effektiv zu platzieren.“

Dass Print stirbt, glaubt Haas nicht – eher im Gegenteil. Er ist davon überzeugt, dass es noch lange Gedrucktes geben wird. „Gerade in einer Zeit, in der wir digital nonstop gefordert sind, es Content rund um die Uhr direkt aufs Smartphone gibt, brauchen wir kleine Auszeiten und den bewussten Konsum von Inhalten.“

Abgesehen von einem PDF der Jahresschrift für die Website werden die Geschichten zusätzlich auf Social Media, vor allem Instagram, aufbereitet. „Die Art des visuellen Storytellings, wie wir sie im Magazin verwenden, kommt in den Sozialen Medien sehr gut an“, verrät Haas. Haas will sich aber nicht auf einen Kanal festlegen: „Ein Medienmix ist in der heutigen Zeit unumgänglich. Man erreicht mit Printprodukten eine andere Zielgruppe als mit Online-Verbreitung.“

In den Publishing-Trends des Nieman Journalism Lab für 2022 findet sich Print ebenfalls als lokaler Trend.

„Digital First“: In Verlagen oft nur ein Buzz-Word?

„Die richtig klassischen Verweigerer der digitalen Transformation gibt es nur noch selten“, sagt Strategieberater Konrad Weber. „Die Frage ist eher: Wann haben sie es gemerkt und haben sie sich schon auf den Weg gemacht?“ Dementsprechend zeichnet das „Digital News Publishing Barometer 2022“, eine Branchen-Studie, die im Oktober 2022 in Berlin vorgestellt wurde, ein sehr fragmentiertes, uneinheitliches Bild der technischen Infrastruktur in Verlagen. Vielfach arbeiten Redakteur:innen in einer heterogenen IT-Landschaft, deren Ursprung in Print liegt.

Unsere Interviews zeigen, dass etwa die sogenannte kanalneutrale Erstellung von Inhalten längst nicht die Regel ist. Allerdings geht die Tendenz dahin oder entsprechende Projekte sind in Umsetzung, zumindest bei größeren Verlagen. Doch auch hier lässt sich selbst innerhalb eines Medienhauses eine Vielfalt technischer Lösungen und Spezialfälle in Redaktionen beobachten. „Die größeren Verlage haben oft mehrere Titel,“ skizziert Weber das Problem, „die dann alle ihre eigene Lösung versuchen, anstatt sich im Verbund zu transformieren und dabei Geld zu sparen sowie Know-how von diesen anderen Titeln hereinzuholen.“

Kleine und mittlere Verlage tun sich bei technischer Vereinheitlichung, Prozessoptimierung und Innovation besonders schwer, fährt Weber fort: „Die technische Infrastruktur ist vor allem bei kleineren Verlagen eine riesige Baustelle. Sie bringen eine Print-Infrastruktur mit und haben kaum Online-First-Prozesse. Wenn sie sie einführen, basieren sie auf Print-Prozessen, was von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.“ Auch die Themenplanung sei oft noch auf das Printerzeugnis ausgerichtet, was nicht zu einer 24/7-Produktion fürs Web passe.

Christoph Zimmer, Chief Product Officer bei der TX Group, bestätigt diesen Eindruck: „Wenn man mit Verlagen spricht, sagen viele, sie produzieren ‚Digital First‘. Aber wenn du dann in die Tiefe bohrst, stellst du fest: Es gibt so viele Ausnahmen und Prozesse, die eben nicht digital sind." Hier müsse man klare Prioritäten setzen: „Mit begrenzten Ressourcen müssen die Schwerpunkte klar bei Digital liegen."

Lesen Sie jetzt die ganze Studie mit Einsichten in Newsrooms und Verlagsstrukturen: Digital News Publishing Barometer 2022

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