Die Macht der Daten, Personalisierung und Digitalkompetenz im Journalismus
Die Trends der deutschen Zeitungsbranche im Jahr 2022 und Chancen und Risiken von datengetriebenen Prozessen im Journalismus.

Was die deutsche Zeitungsbranche für 2022 plant
Die Studie „Trends der Zeitungsbranche 2022“, herausgegeben vom Bundesverband der Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Schickler, hat drei Kernbereiche für die Zeitungsverleger im Jahr 2022 identifiziert.
Der erste zentrale Trend für Publisher ist das Thema Personalisierung, besonders als Booster im Bereich Paid Content. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Artikelempfehlungen und Newslettern. 57 Prozent der größeren Verlage mit Auflagen über 100.000 Exemplaren geben an, dass die Relevanz personalisierter Produkte innerhalb der nächsten drei Jahre hoch sein wird. Bei Verlagen mit weniger als 100.000 Exemplaren Auflage sind es sogar 67 Prozent.
Ein zweiter Trend ist der Kanal-Mix, bei dem die gleichen Inhalte für verschiedene digitale und analoge Kanäle sowie Zielgruppen aufbereitet werden. Hier nennen 88 Prozent der Verlage das E-Paper als wichtige Brücke zu Paid Content. „Redaktionelle Inhalte der Zeitungen sind für alle Menschen interessant, egal welcher Altersstufe“, sagt BDZV-Geschäftsführerin Katrin Tischer. „Die Altersstruktur bestimmt den passenden Ausgabekanal. Was die ältere Zielgruppe bevorzugt als gedruckte Nachricht konsumiert, bekommen junge Menschen am liebsten als Podcast auf die Ohren.”
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Das dritte Kernthema bildet die Digitalkompetenz rund um Data Science und Data Analytics. 62 Prozent der befragten Verlage planen, sich verstärkt dem Thema Daten zu widmen. “Wir stehen kurz vor dem Wendepunkt wieder wachsender Abonnentenzahlen”, erklärt Dr. Christoph Mayer, Partner bei der Unternehmensberatung Schickler, in einer BDZV-Pressemitteilung. “In wenigen Jahren wird Digital der Kerntreiber der Umsätze und Ergebnisse sein. Dabei ist die Personalisierung des digitalen Angebots die nächste Stufe; hier gehen Verlage ganz neue Wege.“ All das erfordert laut Mayer primär neue Fähigkeiten: „Wo bisher der Druck die Kernkompetenz war, wird heute die Beherrschung von Daten und Datenanalysen Kernkompetenz.“
Mehr zum Thema: Personalisierung wird Paid Content weiter voranbringen
Weitere Untersuchungen zu Publishing-Trends 2022: Nieman Lab-Prognosen, Reuters-Umfrage
Daten im Journalismus: Chancen und Risiken für Verlage & Publisher
Wie Nachrichtenunternehmen die Demokratisierung von Daten vorantreiben können, steht im Mittelpunkt des Berichts “The Benefits and Risks of Media Data Democratisation”. Die Studie enthält Erkenntnisse und Fallstudien aus dem Audience Analytics Accelerator 2021, einem gemeinsamen Angebot des Meta Journalism Project, der International News Media Association (INMA) und dem International Center for Journalists (ICFJ). An dem achtmonatigen Programm nahmen 15 Verleger aus sechs lateinamerikanischen Ländern teil, die auf neue und kreative Weise mit Daten experimentierten, um ihre Digitalstrategie zu voranzutreiben. Der Report stützt sich außerdem auf die Ergebnisse der INMA Smart Data Initiative und akademischer Forschung.
Daten in den Mittelpunkt der Entscheidungsfindung zu stellen, um redaktionelle Abläufe effizienter zu gestalten, neue Geschäftsmodelle zu erschließen und die Bedürfnisse der Nutzer:innen in den Mittelpunkt zu stellen, bietet große Chancen für die Medienbranche. Allerdings stehen Publisher vor der Herausforderung, eine datengestützte Prozess-Kultur in den Redaktionen zu etablieren. So gaben 87 Prozent der INMA-Mitglieder bei einem Treffen der Smart Data Initiative an, dass sie Daten skeptisch gegenüberstehen.
"Skeptiker befürchten, dass Daten und Metriken das professionelle Urteilsvermögen und die künstlerische Kreativität untergraben, die Autonomie der Mitarbeiter einschränken und zu einer geringeren Qualität der Arbeit führen", schreibt Greg Piechota, Autor der Studie. Caitlin Petre, Rutgers-Professorin und Autorin des Buches “All the News That's Fit to Click”, schlägt daher vor, Journalisten weniger Rohdaten und mehr auf Daten basierende Insights zu liefern. Das würde dazu beitragen, Vertrauen und Akzeptanz zu schaffen, sagt sie.
Daten bieten auch Vorteile, wenn es darum geht, Kundenorientierung und -service zu verbessern. Laut Rohit Deshpandé, Autor von “Developing A Market Orientation”, seien hauptsächlich jene Medienunternehmen zukunftsfest, die die Bedürfnisse ihre Leser:innen besser kennen als die Konkurrenz. Er appelliert daher an Führungskräfte, Mitarbeiter:innen zu Innovationen zu motivieren, die sich an den Bedürfnissen der Zielgruppe orientieren.
Diese Meinung teilt auch Claudia Gurfinkel, Direktorin von Latin America News Partnerships: “Um eine starke digitale Strategie zu entwickeln, ist es wichtig zu verstehen, wie Sie für Ihre Kunden relevanter werden können, und dazu müssen Sie Daten in den Mittelpunkt Ihrer Entscheidungen stellen. Das bedeutet, dass Sie Daten nutzen, um Diskussionen voranzutreiben, Erkenntnisse zu vertiefen und Hypothesen zu entwickeln und zu testen,” erklärt sie. Piechota führt weiter aus: "Um Medien kundenorientiert, wirkungsvoll und finanziell nachhaltig zu gestalten, müssen Verlage ihren Nutzer:innen zuhören, lernen sich anzupassen und eine Kultur schaffen, die den digitalen Wandel vorantreibt.”
Mehr zum Thema: The Benefits and Risks of Media Data Democratisation
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